Fachblatt „Akustik Gitarre“ erscheint nicht mehr

Es läuft grad nicht so gut mit der Welt an sich. Nun stellt auch noch das verehrte Fachmagazin AKUSTIK GITARRE mit der nächsten Ausgabe den Betrieb ein.

Meine kleine Geschichte mit der Akustik Gitarre

Ich kann mich gut erinnern, als ich aus irgendwelchen Gründen die erste Ausgabe unbestellt und unaufgefordert im Briefkasten fand. Ich dachte: „Irgendjemand hat meine Adresse gekauft!“ und dann aber gleich auch „Interessantes Heft“. Das ist 30 Jahre her.

Und jetzt muss die Gen Z mal ganz stark sein: „Internet gab es damals nur über ein BTX-Gateway (Bildschirmtext!) über ein Modem mit Bitrate von 2400 bit/s. Ich hatte als Abonnent der ersten Stunde die Idee, dass es schick wäre, für die Akustik Gitarre eine Webseite zu erstellen. Ich schrieb also einen Brief (!) an Peter Finger und dem damaligen Chefredakteur Gregor Hilden: „Ihr braucht eine Internetseite“. Peter Finger wusste zwar nicht genau, was das sollte, sagte aber: „Mach mal!“. So stellte ich anfangs unter anderem Midi-Files der Workshops ein. Das Material bekam ich von den Autoren auf Diskette per Post. Viele Monate später schrieb mir Gregor Hilden dann, dass er nun auch Internet hat.

Die Webseiten hatte ich mehr als zehn Jahre lang erstellt und betreut. Eine ganze Zeit lang auch Artikel über Internetseiten von Musikern für die Printausgabe geschrieben. Bis sich der Aufwand mit meinem „Brotberuf“ nicht mehr vereinbaren ließ.

Print ist tot

Zynischerweise ist dem Magazin, das sich anfangs dem Internet gegenüber fast naiv offen gezeigt hat, jetzt das Internet zum Verhängnis geworden. Gitarreninhalte im Netz gibt es heute an jeder Milchkanne. Tutorials tonnenweise bei YouTube. Musiker:innen informieren ihre Follower über die „sozialen“ Netzwerke inzwischen selbst. Bleibt da Platz für ein gedrucktes Heft?

Offensichtlich nicht. „Print ist tot“ sagte mir Peter Finger schon vor zwei Jahren in einem Gespräch. Die AKUSTIK GITARRE ist da ja nicht das einzige „Opfer“. Vielleicht ist es eine Entwicklung, die nicht aufzuhalten war. Die Lücke aber, die die Akustik Gitarre hinterlassen wird, ist kaum zu schließen. Fachlich fundierte Berichte zum Gitarrenbau, eine Vielzahl von Rezensionen guter neuer Gitarrenmusik, Interviews und Workshops sind in dieser Qualität nicht oder nur sehr schwer im Internet zu finden.

Was nun?

Lamentieren hilft selten. Vielleicht gibt es neue Formen des Qualitätsjournalismus für uns Gitarrist:innen in Zukunft in anderer Form. Vielleicht auch in einer Form, von der wir jetzt noch nichts wissen. Dennoch wird mir das Print-Magazin sehr fehlen!

Ich könnte aber alle zwei Monate eine alte Ausgabe lesen und wieder von vorne anfangen. Das wäre zwar nicht aktuell, aber trotzdem sehr reizvoll. Und es wäre Lesestoff für die nächsten 30 Jahre!

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Michael
Michael

ich arbeite selber für einen Printverlag. Es ist nicht einfach, den digitalen Shift zu überleben, vielleicht ist es unmöglich.

Was es bedeutet, auf gedruckte Magazine zu verzichten, wird vermutlich nicht richtig einzuschätzen sein. Die Lektüre auf der Couch, die Gitarre dabei in greifbarer Nähe und dann los mit der me-Time, selten genug ist das der Fall. Im Netz sind wir eher auf Jagd, denn entspannt, scrollen, swipen und werden über Links weitergereicht… Mal sehen, ob zuletzt nicht doch ein Comeback möglich ist, die Schallplatte wird revivalt und gefeiert.

Gleichzeitig ist das Printmedium starr. Die Inhalte sind fixiert und irgendwann ausgelsen. Das Limit ist der Heftumfang und dann wartet man auf die nächste Ausgabe. Die digitalen Quellen scheinen nicht zu versiegen. Wenn nicht hier, dann dort, wenn nicht per Video, dann anders… Der Fehler im System ist die Refinanzierung. Wenn sich jemand Arbeit macht, sollte er dafür Geld bekommen. Was gratis im Netzt verfügbar ist, macht Wirtschaftsunternehmen das Leben schwer. Der Schwarm befruchtet sich gegenseitig und schwärmt so lange, wie es dauert…

Die Frage ist, ob das ein Verlag die Zeitspanne übersteht, bis der Wunsch nach Qualität und gedruckter Mußezeit mit Qualitätsanspruch groß genug ist. Vielleicht müssen Verlage sterben, um dann wieder aufzustehen… hybrid oder was auch immer dann möglich ist.

Fest steh: Angst ist kein guter Berater und die Klage enthält selten eine Lösung. Also auf geht’s.