Andreas Schulz & Circle Blue: The Jobim Sessions

Was muss man als Gitarrist eigentlich tun, damit ein Flughafen nach einem benannt wird? Sind hierzulande beispielsweise ein „Peter-Finger-Airport Osnabrück“ oder ein „Thomas-Fellow-Flugplatz Dresden“ (noch) unwahrscheinlich, hat man sich in Rio leichter getan. Seit 1999 trägt der Flughafen in Rio de Janeiro den Beinamen „Antônio Carlos Jobim„.

Die Kompositionen von Jobim, in denen er traditionelle südamerikanische Liedformen wie Samba oder Choros mit Jazz-Elementen mischt, sind äußerst populär. One Note Samba, The Girl from Ipanema oder Desafinado sind nur einige Stücke aus einem großen „Hitrepertoire“. Entsprechend oft sind die Kompositionen aus den 1960er-Jahren interpretiert und gecovert worden.

Mutige und respektvolle Arrangements

Braucht es da noch ein weiteres Album mit den bekannten Stücken? Andreas Schulz hat zusammen mit „Circle Blue“ 14 Jobim Songs neu aufgenommen und das Ergebnis „The Jobim Sessions“ getauft. Dabei ist das erstaunliche Kunststück gelungen, längst bekannte Melodien in ein neues, attraktives und passendes Gewand zu kleiden. Hier werden nicht populäre Töne entführt, um dann letztlich doch den eigenen Stil zu zelebrieren und ebenso wenig gibt es wiederholt Coverversionen mit kleinen Änderungen. Was Andreas Schulz mit seinen Musikerkollegen vorträgt, sind sowohl mutige als auch sehr respektvolle Interpretationen, die Harmonik, Rhythmik und Melodieführung sehr gründlich auseinandernehmen und wieder neu zusammensetzen. So trifft man beim Hören zwar „alte Bekannte“, stellt aber befriedigt fest, dass sie immer noch leuchten und schön geblieben sind. „Wir wollten Jobims Musik respektvoll dekonstruieren und auf überraschende Weise neu arrangieren, handwerklich und künstlerisch auf hohem Niveau, aber dennoch für ein breites Publikum anhörbar,“ sagt Andreas Schulz.

So beginnt beispielsweise „The Girl from Ipanema“ mit einem langen, harmoniereichen und getragenem Intro. Die bekannte Melodie scheint zwar immer wieder durch, versteckt sich, bis sie in den Soli kräftig wird. Das Ganze fühlt sich an, als säße man in einem New Yorker Jazzcafé und erinnert sich an einen wundervollen Brasilienurlaub.

Andreas Schulz im Studio

Musiker und Aufnahmetechnik

Neben Andreas Schulz, der wieder mit allerlei Saiteninstrumenten vertreten ist, spielen Markus Lihocky (saxophone, flute), Jens Biehl (drums, percussion, udu) und Ralf Göldner (percussion, drums, wavedrum). Die äußerst gelungenen Arrangements stammen ebenfalls von Andreas Schulz, der zudem alles im eigenen Studio aufgenommen und gemastert hat. Er sagt dazu: „Gut klingende Studiotechnik ist nicht mehr unerschwinglich. Heute kommt es darauf an, damit auch umgehen zu können und die Aufnahmeräume klanglich zu optimieren. Mit Erfahrung und – vielleicht am wichtigsten – einer guten Vorstellung des zu erzielenden Klanges kann man sehr weit kommen.“ Das auf dem Album erzielte Ergebnis ist schlicht ein Genuss.

So ist das Album eine inspirierte, musikalisch sehr geglückte und handwerklich meisterhafte Neuinterpretation von Welthits. Sehr hörenswert! Auch, wenn es zu einer Flughafenumbenennung wohl nicht reichen wird.

Weiterführende Links:
Homepage Andreas Schulz:http://www.andreasschulz.de
Rezension und Podcast: Poem for a Glacier

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