Wahrscheinlich war Gaspar Sanz mit der „Gesamtsituation unzufrieden“ und genervt von der Methodenlosigkeit der damaligen Lehrwerken für das Gitarrenspiel. In seiner „Instrucción de música sobre la guitarra española“ schreibt er deshalb sinngemäß: „Alle Autoren für Gitarre beschreiben nur, wie man ihre eigenen Stücke spielt. Aber keiner beschreibt Regeln für das Komponieren und Spielen, ohne immer den Maestro an seiner Seite zu haben.“
Ob dieser groben Missachtung des gitarristischen „Empowerment-Ansatzes“, nahm Sanz das „Heft der Gitarrenliteratur“ selbst in die Hand und veröffentlichte drei Werke zur Methodik der Barockgitarre. Er legte damit den Grundstein zur heutigen Spieltechnik.
Gaspar Sanz: Leben in der Barockzeit
Sanz wurde 1640 als „Francisco Bartolome Sanz y Celma“ in Calanda im Königreich Aragón geboren. Später nannte er sich „Gaspar Sanz“. Er stammte aus einer wohlhabenden Familie und studierte Philosophie und Theologie in Saragossa. Komposition und Gitarre lernte er in Italien.
Zurück in Spanien veröffentlichte Gaspar Sanz das bereits schon erwähnte mehrbändige Lehrwerk für die Barockgitarre. Das Werk beinhaltete 90 Arrangements spanischer Tänze. Gaspar Sanz ist 1710 in Madrid gestorben.
Mit etwas Fantasie sieht man Ähnlichkeiten mit dem Leben von Fernando Sor. Mit der Verbandelung mit der Kirche, der Abhängigkeit vom Adel, einer Tätigkeit als Organist, mit Reisen ins Ausland und dem Bemühen um ein Lehrwerk gibt es erkennbare Gemeinsamkeiten.
Die Erfindung der fünften Saite
Gegen Ende des 16. Jahrhunderts, also einige Jahre vor der Geburt von Gaspar Sanz, ist die Gitarre fünfchörig (mit neun Saiten) geworden. Sanz schreibt dazu: „Dass früher die .. Gitarre nicht mehr als vier Saiten gehabt hat und dass ihr in Madrid der Spanier Maestro Espinel die fünfte hinzugefügt hat. Daher und von hier kommt die Perfektion.“
Die Weiterentwicklung des Instrumentes und der Bezug auf traditionelle spanische Tänze haben also die Kompositionen von Caspar Sanz geprägt. Bei dem Stück Canarios wird das besonders deutlich. Nach seinem Tod ist sein Werk zunächst in Vergessenheit geraten.
Rodrigo und sein Gentilhombre
Der spanische Komponist Joaquin Rodrigo sagt zu seiner Orchesterkomposition „Fantasia para un Gentilhombre“: „Mein Ideal wäre, dass, wenn Sanz sie hören könnte, er zu mir sagen würde: Du, diese Komposition ist zwar nicht direkt von mir, aber erkennen tu´ ich mich darin allemal!“ Tatsächlich fand die Neuentdeckung der Sanzschen Kompositionen durch Felipe Pedrell einige Jahre vorher statt – Rodrigo hat Sanz aber zu größerer Bekanntheit gebracht.
Canarios – feuriger Werbungstanz
Vielleicht das bekannteste Stück aus dem reichen Werk ist „Canarios“. Die Canarie oder Canario ist ein im 17. und 18. Jahrhundert beliebter Tanz. Entstanden ist dieser lebhafte, synkopische Tanz vermutlich auf den kanarischen Inseln.
„In Tanzbüchern wird er als feurig beschrieben, als Werbungstanz, bei dem die Tänzer Kastagnetten spielen, virtuose Sprünge vollführen und das feste Aufstampfen mit Ferse und Fußspitze dazugehört.“ schreibt Gudrun Petruschka für br-klassik.de dazu.
Auch wenn es Caspar Sanz mit Canarios gelungen ist ein Gleichgewicht zwischen traditioneller Musik und anspruchsvoller Komposition zu schaffen – so richtig will das Canarios nicht in einen Konzertvortrag passen. Es müsste eigentlich getanzt werden! Auf feuriges Werben könnte man eventuell im Konzert ja verzichten.
Auf diesen Hintergrund gefällt mir die freie und sehr schwungvolle Interpretation von Canarios durch „Enrike Solinís & Euskal Barrokensemble“ besonders gut.
Noten als PDF:
https://www.classicalguitarshed.com/sm-sanz-canarios/
Sehr gut recherchierter Beitrag und geniales Musikvideo. Vielen Dank dafür!
Sehr gerne 🙂 … eines meiner Lieblingsstücke und in der Interpretation genial, finde ich!