Songstory: J. S. Bach – Bourrée

Johann Sebastian Bach hat den Status eines „Musikheiligen“! Deswegen musste er auch nicht Gitarre spielen, um das Repertoire unseres Instrumentes so unglaublich zu bereichern. Seine Cello- und Lautensuiten sind aus dem Gitarrenkosmos nicht wegzudenken. Ein Lautenstück wurde jedoch ausgerechnet durch einen Flötisten nochmals bekannter. Hier die Songstory der Bourrée in e-Moll, Bachwerkeverzeichnis 996.


Um das Stück und seinen Hintergrund besser verstehen zu können, wagen wir einen kurzen Blick auf Bachs bewegtes Leben.

Der kleine Johann Sebastian

Es wurde viel geboren und viel gestorben im Mitteldeutschland des 17. Jahrhunderts. Johann Sebastian war das jüngste von acht Kindern. Seine Eltern starben früh. Mit neun Jahren war Johann Sebastian Vollwaise. Er fand Aufnahme bei seinem älteren Bruder Johann Christoph, der Organist in thüringischen Ohrdruf war. Schon in seiner Geburtsstadt Eisenach wurde Bach musikalisch ausgebildet. Sein Bruder förderte ihn weiter und Johann Sebastian war wohl in seinem musikalischen Eifer nicht zu bremsen.

Mit dem Ende eines Stipendiums in Ohrdruf begann für den 14-Jährigen die „Deutschlandtour“ mit den Stationen Lüneburg, Weimar, Arnstadt, Mühlhausen, Köthen und schließlich 1723 bis zu seinem Tod 1750 Leipzig. Bachs Leben war geprägt von Abhängigkeiten, Auseinandersetzungen mit Fürsten und Stadträten und unglaublichen Forderungen seiner Arbeitgeber nach immer neuen Kompositionen. 1720 starb Bachs erste Ehefrau und zwischen 1726 und 1733 sieben kleine Kinder aus der Ehe mit Anna Magdalena.

Zu spät gekommen – vom Leben bestraft

Unzählige Bücher, Webseiten, Vorlesungen beschäftigen sich mit den musikalischen Werken Bachs. Doch sein Schaffen ist kaum „einzufangen“. Beschreibt man ihn als großartigen und ernsten Komponisten geistlichen Musik, vergisst man vielleicht die weltliche Musik für Orchester und das bahnbrechende „Wohltemperierte Klavier“. Beschreibt man ihn als Schöpfer von Orgelmusik, muss man eben beispielsweise auch Kompositionen für Cello und Laute mitdenken.

Angesichts dieses Universums kann man heute nicht mehr verstehen, warum Bach und seine Kompositionen schon kurz nach seinem Tod in Vergessenheit geraten sind. Der Zeitgeist hatte sich geändert. Barocke Fülle und überbordend verwobene Stimmführung waren einfach nicht mehr „in“. Die neuen Helden pflegten einen anderen, „klassischen“ Stil.


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Bach und die Gitarre

Die Gitarre wurde in der Bach-Zeit in Deutschland kaum ernst genommen. Wenn schon gezupfte Saiten – dann Laute. Immerhin soll es einen Ururgroßvater Bachs gegeben haben, der das Cithrinchen, ein gitarrenähnliches Instrument, gespielt haben soll.

Einflussreicher als das Cithrinchen des Ahnen war sicher Bachs Freundschaft mit Silvius Leopold Weiß. Dieser galt als bedeutendster Lautenmeister seiner Zeit. „Er ist der Erste gewesen, welcher gezeigt, dass man mehr könnte auf der Lauten machen, als man sonsten nicht geglaubtet“ schrieb E.G. Baron 1727 über Weiß. Sicher überliefert ist, dass Silvius Leopold Weiß 1739 in Bachs Haus zu Besuch war dort musiziert hat. Sicher ist auch, dass es damals üblich war, vorhandene Stücke für andere Instrumente zu arrangieren. So sind auch nur zwei der sieben „Lautenwerke“ von Bach eindeutig der 13-chörigen Laute zuzuordnen. Es könnte auch sein, die Notation der anderen Werke lässt dies vermuten, das ursprünglich ein Lautenklavier zum Einsatz kam.

Was lernen wir daraus? Der Umgang mit „Arrangements“ war im 18. Jahrhundert durchaus locker. Verbissen ernste Diskussionen, ob man vom Original abweichen dürfe, berücksichtigen vielleicht die damalige Spielpraxis nicht.

Bourrée in Rock und Pop

So hat die Bourrée in e-moll ausgerechnet durch den Sänger und Flötisten der Band Jethro Tull, Ian Anderson große Bekanntheit erreicht. Die Legende sagt, dass Anderson zunächst völlig genervt in seiner hellhörigen Londoner Altstadtwohnung einem fleißig übenden Gitarristen zuhören musste. Er bekommt die Melodie nicht mehr aus dem Kopf und spielt sie nach. „Was ist das eigentlich?“, fragt er einen Freund.

Bis heute gehört die Bourrée zu den wichtigsten Stücken von Jethro Tull. Auch Led Zeppelin, die Beatles und viele andere haben sich von diesem Stück für eigene Kompositionen inspirieren lassen.

Das Stück spielen

„Das ist ja gar nicht schwer!“, denkt man bei den ersten Takten. Aber schon die Geschichte um den Musikstudenten in Ian Andersons Nachbarzimmer lehrt uns, dass es dann doch wohl geübt werden muss. Der zweite Teil wird tatsächlich kniffliger und ein passender Fingersatz wichtig. Musikalisch ist das Empfinden zweier unabhängiger Stimmen im Bass und der Melodie eine Herausforderung. Polyfonie halt!

Die Bourrée aus der Lautensuite ist eines der bekanntesten „Gitarrenstücke“ Bachs und reiht sich in die „Greatest Hits“ der Gitarrenliteratur ein. Es ist ein kleines Stück aus einem riesigen Universum der Kompositionen eines Genies.

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Johann Sebastian Bach-Bouree e-moll
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