Leo Kottke – The Fisherman

Von Gänsefürzen und Grundsteinen

Seinen Gesang bezeichnete er selbst als „Gänsefurz an einem schwülen Tag.“ Ein CD-Rezensent gibt über den Gesang Leo Kottkes zum besten: „Das kann er einfach nicht!“ Doch an seinem Gesang scheiden sich die Geister. Seine Plattenfirma der Anfangszeit wollte ihn auf Biegen und Brechen als Singer-Songwriter platzieren. Und es gibt auch echte Fans seines tiefen, fast meditativen Baritongesangs.

Keine zwei Meinungen gibt es über die Virtuosität von Kottkes Gitarrenspiel und seine Auswirkungen auf die nachfolgenden Gitarrist:innen. Sein kraftvolles Power-Picking, das treibende Fingerstyle-Spiel und die rhythmische und harmonische Finesse legten Grundsteine. Kottke ist einer der einflussreichsten Gitarristen der 60er-Jahre, einer Zeit, in der die Gitarre im Wesentlichen als Begleitinstrument für Sänger:innen wahrgenommen wurde.

Das hat seinen Ruf als Innovator ausgemacht: Man kann Gitarre Solo spielen und trotzdem klingen wie eine Band. Man kann Bass, Harmonie und Melodie gleichzeitig spielen und das auch noch virtuos. Er war nicht der Erste, der sein Gitarrenspiel so einsetzte, aber er war der Erste, dies erfolgreich und mit unglaublicher Gitarrentechnik tat.

Überforderung, Neuorientierung und Auszeit

Mitte der 80er-Jahre musste Kottke seiner kraftorientierten Spielweise, den halbjährlichen CD-Forderungen seines Labels und den vielen Konzerten Tribut zollen. „Ich spielte verrückt und immer so hart es geht. Ich wusste einfach nichts anderes, konnte einfach nicht modulieren.“ sagt Kottke in einem Interview mit Larry Concklin in der AKUSTIK GITARRE 3/96. Und weiter: “In Denver ist es dann eines Abends passiert. Mitten im Auftritt ist meine Hand erstarrt und ließ sich nicht mehr bewegen. Sie tat weh. Da es keinerlei Heilungsmöglichkeit für mein Problem gibt, musste ich mir eine neue Spieltechnik angewöhnen.“

Jede Gitarrist:in, die sich einmal „Fehler“ antrainiert hat, weiß, dass es unglaublich schwer ist dies nicht zu wiederholen. Leo Kottke spielte nicht mehr mit Fingerpicks, veränderte die Technik des Daumenanschlags und ging eher in die Richtung „klassischer“ Gitarrentechnik. Auch spielte er weniger Konzerte und wechselte zu einem Label, dass ihn mehr Zeit für die Einspielung neuer Aufnahmen gab. „Diese Phase war wirklich ein Albtraum, aber gleichzeitig sehr lehrreich. Es hat zwar Jahre gedauert, von den Fingerpicks wegzukommen und die Hand zu heilen, aber ich habe davon profitiert. Mein Spiel ist heute besser.“

The Fisherman

Es fällt sehr schwer, aus den vielen Einspielungen eine als „typisch“ oder „besonders herausragend“ herauszugreifen. Kottke ist einer der Musiker, die zwar immer neue musikalische Ideen verarbeitet haben, ihren unverwechselbaren Spielstil aber beibehalten haben. Ein guter, hörbarer Einstieg in die Musiksprache Kottkes ist „The Fisherman“ aus den 70er-Jahren. Eine fast klassische Pickingnummer mit schöner Melodie, die ganz und gar nicht nach Gänsefürzen klingt.

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