Der Mann hat es häufiger auf die Titelseite der AKUSTIK GITARRE geschafft. Viele Pressefotos kursieren im Netz. Und fast immer zeigt er sich mit Löwenmähne und einem „Mona-Lisa-Lächeln“. Diese eigenartige Gleichförmigkeit in den Bildern steht im krassen Gegensatz zu seiner musikalischen Karriere, seiner Experimentierfreudigkeit und seiner Lust, auf neuen musikalischen Wegen zu gehen.
Musikalisch Frühreif
Die musikalische Entwicklung von Pat Metheny mit dem Prädikat „frühreif“ zu versehen, ist nicht untertrieben. Mit acht Jahren lernt er Trompete, mit 12 Jahren wechselt er zur Gitarre. Zwei Jahre später gewinnt er einen Gitarrenwettbewerb des Jazzmagazins „Down Beat“, mit 18 Jahren wird er Dozent für Gitarre an der University of Miami und ein Jahr später am renommierten Berklee College of Music in Boston.
Er pustet mit seiner „Pat Metheny Group“ der verfestigten Jazz-Fusion-Szene der 70er Jahre kräftig neue Inspiration ein. Sein Stil ist melodiös, mal ruhig, mal fast „noisy“. 20 Grammys gewinnt er im Laufe des Lebens. Im August 24 ist er nun 70 Jahre alt geworden. Und – damit keine Zweifel an seiner Musizierlust aufkommen – veröffentlicht er ein neues Album mit einem ungewöhnlichen Instrument.
Nicht üben und Naivität als Konzept?
In einem Interview von Zeit Online lacht Pat Metheny über die Frage, ob er tatsächlich elf Stunden am Tag übt. Nun liegt die Frage zwar durch all die Erfolge nahe, aber Methenys Konzept ist erstaunlicherweise mit „anspruchsvolles Herumprobieren“ wohl spannender beschrieben. „Ehrlich gesagt habe ich nie richtig geübt. Ich spiele einfach herum, probiere Dinge aus. Ich suche mir einen Jazzstandard wie The Song is You aus und spiele ihn in allen zwölf möglichen Tonarten durch.“
„Naivität“, sagt er, ist ein großes Geschenk. Musik unvoreingenommen ohne Filter hören und wiedergeben zu können, ist die Quelle für sein musikalisches Schaffen. Neben Naivität und dem Herumprobieren scheinen auch die Nacht und die Baritongitarre eine besondere Rolle einzunehmen. Nach „Quiet Night“ 2003 auf einer Stahlseiten-Bariton erschien aktuell „MoonDial“ auf einer Nylonsaiten-Bariton. Jede Nacht hat er die Gitarre auf Tour mit auf sein Hotelzimmer genommen und gespielt. „Das musst Du aufnehmen!“ war das erfreuliche Ergebnis.
Immer wieder ein Spielplatz
MoonDial enthält Eigenkompositionen wie beispielsweise den wunderbaren Titelsong und wieder Interpretationen bekannter Stücke. Das bekannte „Londondary Air“ hat man mit dieser unglaublichen Ruhe und Gelassenheit und mit diesen Harmonien noch nie gehört. Wirklich unglaublich ist auch sein Spiel mit dem Beatles-Klassiker „Here and There and Everywhere“. Methenys Liebe zu Beatles-Songs ist bekannt. Mit „Here and There and Everywhere“ übertrifft er sich abermals selbst.
So ist der Titel fast ein Sinnbild seiner „naiven“ und spielerischer Musikauffassung. Für jemanden, der Melodien auch in herunterfallenden Mülleimern entdecken kann, häufig gleichzeitig lustvolle und hochprofessionelle Haken schlägt, für den ist Musik eben auch: „Hier und Da und Überall“.