Bildquelle Leo Brouwer: Silvio Rodriguez über wikimedia
„Ich wollte mit meinen Etudes Simples nur dem Anfänger helfen.“, sagt der kubanische Komponist und Gitarrist Leo Brouwer. Es gibt wohl kaum einen „klassischen Gitarristen“ der diese Etüden nicht kennt. Dabei ist es viel zu bescheiden, diese „kurzen Übungsstücke“ einfach nur als Anfängerliteratur zu beschreiben. Hier die „Songstory“!
Die Lücke in der Gitarrenliteratur schließen
Jetzt mal ehrlich. Die Gitarre in der Klassik ist ein Außenseiterinstrument. Beethoven, Mozart, Brahms – bezüglich Kompositionen für Gitarre ein Totalausfall. Auch der Einsatz der Gitarre im Orchester ist eher die Ausnahme. „Typischerweise lehnt die Welt der symphonischen Musik die Gitarre als klassisches Instrument leider ab. Sie weigert sich, die Gitarre als vollwertiges klassisches Instrument anzuerkennen. Es ist unglaublich, trifft aber zu.“ sagt Leo Brouwer in einem Interview mit Andreas Schulz in der Zeitschrift Akustik Gitarre.
„Zu armselig!“, lautete wohl das Urteil über das vorhandene Gitarrenrepertoire des jungen Leo Brouwers 1956. Er begann selbst für Gitarre zu komponieren und die Lücke zu füllen. Damals waren seine Kompositionen stark von der mittel- und südamerikanischen Volksmusik beeinflusst. Der Weg seines Kompositionsstiles führte ihn aber auch in avantgardistische Gefilde, experimentelle Musik und wieder zurück.
Verliebt in die Gitarre
Brower ist selbst Gitarrist. Bis in die 80er-Jahre konzertierte er und nahm etwa ein Dutzend Platten auf. Dann wurde bei einem Unfall seine Hand verletzt. Die aktive Gitarrenkarriere war damit beendet.
Seinen ersten Gitarrenunterricht hatte er mit 12 Jahren bekommen. Der Vater, ebenfalls Gitarrist, motivierte seinen Sohn zu einem stilistisch breit aufgestelltem Studium des Instrumentes. Auch heute, sagt Brower, wären Stücke, beispielsweise einige von Michal Jackson oder den Beatles, gute Musik.
Seine erste Verliebtheit mit der Gitarre beschreibt Leo so: „Mein Vater war ein Amateurgitarrist mit hohem Niveau, der Flamenco, Musik von Granados, Villa-Lobos und Stücke von Tarrega und Albeniz spielen konnte. Er lernte all diese Musik nach dem Gehör ohne Noten und konnte sie perfekt und ohne einen einzigen Fehler spielen.
„Bei einem meiner Besuche sah ich ihn zum ersten Mal Gitarre spielen, und das war der Tag, an dem ich mich in dieses Instrument verliebte. Er fragte mich, ob mir die Gitarre gefalle, und gab mir sofort meine erste Unterrichtsstunde. Er zeigte mir einige Akkordpositionen und Schlagtechniken. Nach ein paar Tagen spielte ich Farrucas und Tanquillos, denn Flamenco war damals und ist auch heute noch meine Leidenschaft. Nach fünf Monaten spielte ich Standardstücke des klassischen Gitarrenrepertoires ausschließlich nach Gehör.
Auch nachdem ich ein professioneller Gitarrist geworden war, spielte ich diese Stücke genau so, wie ich sie spielte, als ich acht Jahre alt war.“
Heute blickt Leo Brouwer auf eine unglaubliche Vielfalt an Kompositionen für verschiedenste Besetzungen und unterschiedliche Stile. Sein Schaffen reicht weit über die Gitarre hinaus.
Etudes Simples
Die Idee der „Estudios sencillos“ ist, einzelne technische und musikalische Probleme auf der Gitarre zu isolieren. Gibt es also beispielsweise für die linke Hand anspruchsvolle Takte zu spielen, sollte es an dieser Stelle für die rechte Hand kein Problem geben.
Die Stücke greifen rhythmische Impulse aus der Afro-Cubanischen Musik auf, bedienen sich großer dynamischer Bandbreite, raffinierter Harmonien und abwechslungsreicher Tempi. Wahrscheinlich macht dies auch die Beliebtheit dieser wichtigen Stücke für Gitarre aus. Sie sind nicht schwer zu spielen, sind aber stimmungsvoll und interessant. Und sie lassen großen Spielraum für die eigene Interpretation.
Kleine Übungsstücke – große Gitarrenliteratur!
Ein allgemein guter Tipp für Klassikgitarre ist https://www.thisisclassicalguitar.com/
Hier spielt Bradford Werner die erste Etüde vor und erklärt einiges zur Spielweise.