Songstory: Andrew York – Home

Vielleicht wäre Andrew York Mathematiker, Programmierer oder Koch geworden. Er hätte ebenso andere Leidenschaften zum Beruf machen können, wenn er nicht schon in seiner Kindheit der Musik begegnet wäre. Sein Vater spielt Gitarre und seine Mutter singt. Im Hause York wird viel Folk musiziert und Andrew ist tief beeindruckt von der Macht der Harmonien. Mit ungefähr sechs Jahren fängt er an Gitarre zu spielen und hört sich durch die Plattensammlung seines Vaters. Beethoven, Stravinsky und Bach werden seine Helden.

Kompositionsstil: Ein Spaziergang durch die Musikgeschichte

Klassische Musik und Folk bleibt nicht sein alleiniger musikalischer Einfluss. Mit 17 hört er die Big Band der Air Force und ist komplett fasziniert vom Jazz. Er lernt Jazzgitarre und Miles Davis, John Coltrane, Joe Pass und John McLaughlin faszinieren ihn. Auch andere Musikstile lernt er kennen und empfindet dies nie als Gegensatz. Als einen „Spaziergang durch die Musikgeschichte“ hat Augustin Wiedemann in der Akustik Gitarre den Kompositionsstil Yorks beschrieben.

Radio im Kopf

Etwas Bedeutsames kommt hinzu, wie Andrew York in einem Interview mit Joseph Skibell erzählt: „Als ich ein Junge war – vielleicht acht oder zehn Jahre alt – saß ich auf dem Rücksitz im Auto, und ich erinnere mich genau daran, wie ich einmal feststellte, dass ich ein Radio in meinem Kopf hatte und dass es so etwas wie einen Schalter gab, einen mentalen Schalter, den ich einfach einschalten konnte, und dann wurde symphonische Musik oder irgendeine Art von Musik gespielt, und ich konnte sie steuern. Das ist also immer noch da.“

Das Innenleben und die Emotion musikalisch auszudrücken ist das viel stärkere Motiv, als spieltechnische Wunderdinge auf dem Griffbrett zu vollführen. Sein Tipp, um das Innere nach Außen zu bringen: „Du musst erst einmal ein Innenleben haben!“. Der Kompositionen Yorks haben sich im Laufe der Jahre um die Konstanten Folk, Jazz und Klassik hörbar verändert. Sie sind zu fast minimalistischen, manchmal meditativen Kunstwerken geworden.

Der schöne Ton

Als Gitarrist besticht Andrew York durch sein virtuoses Spiel. Das bekannteste Stück dieser Kategorie ist wohl „Sunburst“ in dem Hammerings, Pull Offs in atemberaubender Geschwindigkeit aneinandergereiht werden. Mehr noch als das hat mich jedoch auf einem Konzert sein unglaublich singender, reicher Klang seines Spiels begeistert.

Er selbst sagt dazu: „Wir haben so viel Kontrolle über den Ton! Wir berühren die Saiten mit beiden Händen und können all diese unvorstellbaren Dinge tun, verglichen mit einem Pianisten. Wir können mehr als nur eine Reihe von Farben erzeugen und einfach auf verschiedene Arten zupfen – das ist unglaublich.“

Home

„Andrew York hat sich in die Riege der Gitarristen mit mehr als 1 Million Views für ein Gitarrenstück eingereiht.“ hatte ich vor ein paar Jahren geschrieben. Ein Kunststück mit einer Eigenkomposition für „klassische Gitarre Solo“! Mittlerweile sind es 4,6 Millionen Views!

„Home“ ist ein ruhiges, entspanntes, ja fast meditatives Stück mit improvisatorischen Anklängen und einer sanglichen Melodieführung. Auf der Homepage Andrew Yorks wird „Home“ so beschrieben: “A simple and poignant piece in D major, folkloric and Scottish sounding“. Ein einfaches und ergreifendes Stück. Der Zauber des Stückes wird im Video durch den Klang einer 1888 gebauten „Antonio de Torres“ noch verstärkt.

„Ich habe zu Hause auf der Gitarre vor mich hingespielt“ verrät Andrew York während eines Konzertes in Deutschland zu der Entstehung des Stückes. Meine Frau rief mir zu: „Was ist das? Das ist gut!“

Wie gut, dass Andrew York nicht Mathematiker oder Koch geworden ist. Die Gitarrenwelt wäre ärmer.


[Dies ist eine Video-Vorschau. Bei Click werden Daten an YouTube / Google übertragen.]

Homepage: https://www.andrewyork.net/
Notendownloads: https://www.andrewyork.net/SheetMusicDownloads.html
(Tipp: Nicht mit „Sunburst“ anfangen!)

Quellen:
Interview Acoustic Guitar Magazine December 2020
Artikel AKUSTIK GITARRE 3/99 und 5/03
Konzert in Deggendorf (!) am 19.03.2022
Gitarr och Luta Magazine interview (Sweden)
Violab Magazine interview (Brazil)

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