Manchmal sind einfache Fragen nicht einfach zu beantworten. Warum klingt eine Gitarre nicht wie ein Klavier? Oder wie eine Flöte oder ein Saxofon? Und warum klingt ein Instrument vom Gitarrenbauer meines Herzens besser als so ein Billigteil von Tchibo?
Es gibt mindestens drei physikalische Phänomene, die erklären, warum Deine Gitarre nach Gitarre klingt:
Ton oder Klang?
Wenn wir auf der Gitarre ein „A“ spielen, klingt der gleiche Ton, wie auf einem Klavier. Das stimmt und stimmt auch wieder nicht. Ein Ton entsteht durch eine Schwingung. Die Tonhöhe kann man in Schwingungen pro Sekunde messen. Die Geschwindigkeit der Schwingung nennt man Frequenz und die Maßeinheit heißt Hertz. 440 Hertz auf einer Gitarrensaite ergeben den Ton A und 440 Hertz auf einem Klavier oder Saxofon ebenfalls.
Und jetzt kommt’s: Ein Ton auf einem Instrument ist kein einzelner Ton, sondern vielmehr ein Klang. Also viele Töne, die gleichzeitig erklingen. Bei jedem Instrumententon klingen „Obertöne“ mit. Forscher haben festgestellt, dass die Anzahl der Obertöne von Instrument zu Instrument bei gleicher Lautstärke sehr verschieden sind. Hier liegt der Hauptgrund, warum unterschiedliche Instrumente verschiedene Klangfarben haben. Es spielen außer der Grundfrequenz noch viele andere Töne der Obertonreihe, die sogenannten „Harmonischen“, eine Rolle.
Zupfen, Streichen oder Pusten?
Daneben spielt aber auch die Tonerzeugung eine Rolle. Ob gezupft, gestrichen, gerührt oder geschüttelt: Bis der Ton eine regelmäßige Schwingung erreicht, muss er erst einmal erzeugt werden. Und weil so eine Tongeburt manchmal weder für den Erzeuger noch für den kleinen Ton eine einfache Sache ist, denkt sich der Ton: „Äh, Moment … ich muss mich erst mal orientieren!“
Oben habe ich Euch unterschlagen, dass auch Geräuschanteile die Toncharakteristik beeinflussen. Zum Beispiel bei der Tonerzeugung durch den Bogen, einen Fingernagel oder ein Blasgeräusch. Diese Geräuschanteile in den ersten Sekundenbruchteilen nennt man „Einschwingverhalten“. Und ob es nun etwas geringschätzig „Geräusch“ genannt wird oder nicht: Dieses Einschwingverhalten ergibt eine unregelmäßige Frequenz. Diese ist für den Ausdruck und den Charakter eines Tones mitbestimmend.
Schön, weil nicht perfekt!
Der dritte Grund ist ein sehr sympathischer: Ein Ton ist schön, weil er nicht perfekt ist! Erzeugt man eine Frequenz und eine Obertonreihe am Computer oder Synthesizer, ist das meist langweilig und noch lange nicht das Gleiche wie ein Ton von einem „echten Instrument“. Töne aus dem richtigen Leben haben „Instabilitäten“. Ein Vibrato, Schwingungen, die sich verändern und unterschiedliche Klangdynamiken weichen vom perfekten physikalischen Ton ab. Aber genau das macht den Ton interessant. Schließlich ist so ein Ton auch nur ein Mensch und kein Roboter.
Fazit: Ich hoffe, ich konnte beschreiben, warum eine Gitarre nicht wie ein Klavier klingt. Offen bleibt jedoch die Frage, warum sie das jemals tun sollte. Da fällt mir spontan kein Grund ein!
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