In der langen Geschichte der Gitarre wurde sie in erster Linie als Saiteninstrument wahrgenommen. Seit einigen Jahren ist insbesondere bei Fingerstylern ein weiterer Aspekt hinzugekommen: Die Gitarre als Perkussionsinstrument. Zumindest als rhythmische Ergänzung zu dem, was man auf den Saiten spielt, sind entsprechende Techniken fast schon in das Standardrepertoire moderner Gitarristen eingegangen.
Die perkussive Spielweise liegt Nahe. Das „Cajon“ als Drumsetersatz für Akustikbands ist sehr populär geworden. Und die Gitarre …. ist ja eigentlich auch „nur“ eine Holzkiste mit Loch! Prinzipiell sind der Tonerzeugung auf der Gitarre fast keine erfinderischen Grenzen gesetzt. Handballen gegen die Decke, Fingertipps, Scratching …. erlaubt ist, was gefällt. Nur wer sein lieb gewonnenes Instrument nicht bei jeder Übungsstunde zerlegen will, ist bei der einen oder anderen Spielweise vielleicht etwas gehemmt.
Fassen wir also einmal zusammen, welche perkussiven Techniken sich auf der Gitarre unterhalb der Zerstörungsgrenze einsetzen lassen.
Der „Klick“
Hier werden die Saiten von oben mit den Finger(n) angeschlagen. Erzeugt wird hiermit ein trockenes, leicht schnarrendes Geräusch. Die spieltechnischen Herausforderungen – solange der Klick einzeln als Akzent gespielt wird – sind nicht allzu hoch. Sehr häufig wird dieser perkussive Akzent mit dem Daumen gegen die Bassseiten erzeugt. Sehr perfekt erklärt Thomas Fellow in einem Video diese Technik:
Die Gitarre als Drumset
Thommy Emmanuel hat ausgesprochen, was wohl das klangliche Ziel vieler Gitarristen sein dürfte: „Ich versuche wie eine ganze Band zu spielen. Aber eben nur auf einer Gitarre.“ Basslinien, Harmonien, Melodie … und ein Drumset. In der – von mir gerade so getauften – „Drumsettechnik“ spielen, wie auf dem Cajon, die Stelle des Anschlages und die Art des perkussiven Anschlages die wesentliche Rolle. Ein Schlag mit dem Handballen gegen die Decke in der Nähe der Mitte imitiert die Bassdrum. Fingertipps gegen den Rand der Decke oder die Zargen klingen wie ein Tomtom oder Bongos. Auch hier gibt es ein Video, dass die Möglichkeiten sehr anschaulich und hörbar darstellt. Der von mir sehr verehrte und leider viel zu früh verstorbene Eric Roche erklärt seine perkussiven Techniken hier:
Betreutes Schlagen: Hilfsmittel
Vor allem Eric Roche und Thomas Leeb haben auch eine Technik entwickelt, die ähnlich klingt, wie das Hin- und Herbewegen einer laufenden Schallplatte auf dem Plattenspieler. Dieses „Scratching“ wird auf der Gitarre durch eine aufgeklebte Folie erreicht und mit den Fingern der rechten Hand gespielt.
Thommy Emmanuel hat seine Gitarre mit einem Schlagzeugbesen bearbeitet. Das geht zwar und ist auf einem Cajon durchaus üblich. Ehrlich gesagt, sind bei mir allerdings die Schmerzen beim Zuschauen größer als der Genuss 🙂
Die Firma Schlagwerk hat vor ein paar Monaten weiteres Zubehör für den „Perkussionsgitarristen“ herausgebracht. Das „SamJam“ getaufte Teil klebt man auf der Decke fest. Durch Fingertipps wird ein Snaresound erzeugt. Klangveränderungen kann man durch einen Magneten erreichen, der die Snaresaiten mehr oder weniger abdämpft. Als Protagonisten konnte Schlagwerk keinen geringeren als Luca Stricagnoli gewinnen. Schon sehr faszinierend, was er aus diesem Ding herausholt.